KIKu

Wie KI hilft, Kulturgüter automatisiert zu erkennen

Der illegale Handel mit antiken Kulturgütern und archäologischen Objekten ist weltweit ein Problem. Kriminelle plündern archäologische Grabungsstätten oder stehlen Exponate aus Museen und verkaufen sie. Polizei und Zoll sind auf Werkzeuge angewiesen, mit denen sie archäologische Objekte schnell und sicher prüfen können. Forscher und Wissenschaftlerinnen des Fraunhofer SIT entwickeln deshalb im Projekt KIKu eine IT-Anwendung, die illegal gehandelte Kulturgüter identifizieren hilft und Hinweise geben kann, ob ein Objekt aus einer Raubgrabung stammt. Die App gibt darüber hinaus eine erste Einschätzung ab, aus welchem Herkunftsland das Kulturgut stammen könnte.

So funktioniert die KIKu-App

In KIKu erstellen Fraunhofer-Expertinnen und Experten für IT-Forensik gemeinsam mit der auf digitale Produktentwicklung spezialisierten Firma cosee aus Darmstadt eine prototypische App zur Erkennung von Kulturgütern. Ermittlerinnen und Ermittler können über die App mit ihrem Smartphone das zu prüfende Kulturgut aus mehreren Perspektiven fotografieren. Die KIKu-App schickt die Bilder an ein Deep-Learning-Netz, das die erstellten Fotos überprüft. Das Netz schickt dann eine erste Einschätzung zurück zur KIKu-App auf das Smartphone der ermittelnden Person, um bei der Beurteilung des Kulturguts zu unterstützen. Ein zentraler Erfolgsfaktor der App wird sein, die Benutzer bei der Aufnahme von Bildern zu unterstützen, damit sie für das Deep-Learning-Netz verwendbar sind (ausreichend ausgeleuchtet, passende Perspektive etc.). In diesem Zusammenhang bringt die Firma cosee ihre Erfahrung mit der Entwicklung nutzerzentrierter (mobiler) Anwendungen ein.

Wie wird das Deep-Learning-Netz trainiert?

Die Experten und Wissenschaftlerinnen des Fraunhofer SIT arbeiten mit Daten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), die einige Tausend Datensätze zu antiken Kulturgütern und archäologischen Objekten umfassen, mit dazugehörigen Beurteilungen von Archäologen und Kunstgeschichte-Expertinnen. Diese Datensammlung ist für das Training eines neuronalen Netzes relativ klein. Die Wissenschaftler und Expertinnen des Fraunhofer SIT nutzen im Projekt KIKu deshalb transfer learning. Mit dieser Methode können sie ein bereits trainiertes Netz (etwa zur allgemeinen Bilder-Erkennung oder ein ähnlich passendes Netz) mit den vorhandenen Daten nochmal spezifischer trainieren und für die Bilderanalyse von Kulturgütern optimieren. Damit ist das Netz in der Lage, auch 3D-Kulturgüter wie Vasen, Statuen oder ähnliches zu erkennen, und nicht nur zweidimensionale Gemälde. Hier können nach Auskunft der Experten bereits wenige hundert Datensätze signifikante Verbesserungen erzielen.

Technische Unterstützung für Polizei und Zoll

Das so spezifisch trainierte Deep-Learning-Netz bekommt nun über die KIKu-App Fotos eines Objekts aus verschiedenen Perspektiven gesendet. Das Deep-Learning-Netz trifft dann eine Entscheidung, ob die Fotos einem Objekt in der Datenbank ähneln oder nicht. Findet es ähnliche Objekte, wählt es die entsprechenden Datensätze aus und schickt diese an die KIKu-App, zusammen mit den Informationen, die Kunstexperten und Archäologinnen dazu zusammengetragen haben, wie die Herkunftsregion des Objekts sowie die Epoche, aus der es stammt. Damit haben Ermittler einen ersten Anhaltspunkt, ob das Objekt, das sie überprüfen möchten, legal erworben wurde oder aus einer Raubgrabung stammt und nicht gehandelt werden darf.

Anders formuliert: Das Netz soll das Expertenwissen, welches bei der Beurteilung und Beschreibung der Kulturobjekte in die Datensammlung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eingeflossen ist, auf aktuelle Fälle übertragen, die den Ermittelnden gerade vorliegen. So kann das Netz die Ermittlungsbehörden dabei unterstützen, auch noch unbekannte Gegenstände, die aus illegalen Grabungen stammen (und von denen naturgemäß noch keine Bilder vorhanden sind), zu identifizieren.

In einem zweiten Schritt gleicht das neuronale Netz die die Fotos aus der KIKu-App mit einer Polizei-Datenbank ab, die geraubte Kunstschätze und gestohlene Kulturgüter beinhaltet. Gibt es hier eine Übereinstimmung, schlägt die App sofort Alarm.

Nachfolgeprojekt von ILLICID

KIKu wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit 250.000 Euro aus Mitteln der nationalen KI-Strategie der Bundesregierung gefördert und läuft bis Ende 2021. Es ist ein Nachfolgeprojekt des BMBF-geförderten Projekts "ILLICID - Illegaler Handel mit Kulturgut in Deutschland". ILLICID wurde 2015 im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit II“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) initiiert. Es ist ein transdisziplinäres Forschungsprojekt zum illegalen Handel mit Kulturgütern.

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